Ladys Tango Festival Header

Bereits zum 13. Mal veranstaltet Johana Copes, Tochter des legendären Tänzers Juan Carlos Copes, im März 2021 das „Lady’s Tango Festival“ in Buenos Aires, diesmal exklusiv online. Ihre Idee: Die besten Tango-Tänzerinnen und Lehrerinnen geben eine Woche lang konzentriert Kurse für Frauen, zusätzlich gibt es Tanzshows, Livemusik, Tango-Modenschauen von angesagten Designerinnen, Interviews und Infos rund um den Tango – vor allem unter weiblichen Aspekten.

„Lady’s Tango Festival“ jetzt weltweit

Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, beginnt das „Lady’s Tango Festival Worldwide“. Die neue Ausgabe des Festivals, dieses Jahr im weltweiten Format, möchte großartige Tänzerinnen, Lehrerinnen, Organisatorinnen, Mode-Designerinnen, DJs und mehr aus der ganzen Welt zusammenbringen. Im Frühjahr 2021 findet es vom 8.-15. März online statt.

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Lady’s Tango Festival-Leiterin Johana Copes

Es ist ein Treffen von Frauen aus Ländern der ganzen Welt, wie Argentinien, Russland, USA, Italien, Japan, Brasilien, Deutschland, China, Uruguay, Spanien, Griechenland, Korea und anderen. Diese Zusammenkunft gibt allen Tango-Ladies die Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen, Erfahrungen auszutauschen und mit neuen Menschen aus der Tango-Community in Kontakt zu treten.

Das von Tango-Fans aus aller Welt genauso wie von Einheimischen gut besuchte Festival hat auch einen deutschen Standort: das Lady’s Tango Festival in Wiesbaden unter der Leitung von Johana Copes und Natalia Beráscola.

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Lady’s Tango Festival 2019: Modenschau auf der Milonga „Viva La Pepa“

Was bietet das Festival-Programm?

Das Festival-Programm beinhaltet offene Gespräche, live aufgezeichneten Unterricht, Tanz-Shows, Hommagen an herausragende Künstlerinnen des Tangotanzes und vieles mehr. Es gibt Interviews mit DJanes, Veranstalterinnen, Sängerinnen, Schriftstellerinnen und Choreographinnen, zusätzlich wird exklusives Material von früheren Ausgaben des Festivals zu sehen sein.

In der März-Ausgabe umfasst das Angebot 5 Live-Kurse direkt aus dem „Copes-Valdez Tango Estudio“ in Buenos Aires mit argentinischen Star-Tänzerinnen: Guillermina Quiroga, Ariadna Naveira, Corina Herrera, Virginia Gomez und Johana Copes. Ein spezieller Kurs mit Mariana Montes wird aus ihrem Studio in Cagliari/Italien aufgezeichnet.

Aufgezeichnete Kurse bleiben 1 Jahr online

Als Neuheit des diesjährigen Programms präsentiert das Festival die „Lady-Offenbarung 2021“. Es handelt sich um Agostina Tarchini, die einen Kurs ihres innovativen, mit anderen Bewegungen verschmolzenen Tango-Tanzes anbietet. Außerdem präsentiert das Festival mehr als 20 Vertreterinnen des Tango aus verschiedenen Städten und allen Teilen der Welt. Das Besondere: Die Kurse werden, sobald sie live übertragen wurden, auf die Plattform ASLAN hochgeladen, so dass man sie immer wieder anschauen kann und ein Jahr lang den Zugang zur Weiterbildung behält!

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Lady’s Tango Festival 2020: Guillermina Quiroga & Fernando Carrasco tanzen auf der Milonga Viva La Pepa

Wie nehme ich am Lady’s Tango Festival teil?

Für die Präsentation des allgemeinen Festivals hat Johana Copes die ASLAN-Plattform gewählt, auf der alle Teilnehmer die Möglichkeit haben, sich zu registrieren, einzuloggen und in das Profil des Lady’s Tango Festival Worldwide einzutragen. Es wird eine einmalige Eintrittsgebühr erhoben, um ein ganzes Jahr lang bis zum nächsten Festival im März 2022 Zugriff auf das gesamte Material zu haben. Hier geht’s zur Website des Lady’s Tango Festivals. Anmeldung bitte per Email unter: ladystango@gmail.com

Interview mit Designerin Bettina Maria zum Thema Tango und Mode

Festival-Leiterin Johana Copes ist seit langem ein Fan der deutschen Modedesignerin Bettina Maria, die einige Jahre in Buenos Aires lebte und nun in Berlin unter dem Namen „Costume Couture Berlin“ ihre exklusive Tangomode entwirft. Anlässlich des Lady’s Tango Festivals im März stellen wir hier ein exklusives Interview mit Bettina Maria vor, das Stephan Röhl mit ihr führte.

Erste Modenschau auf dem Lady’s Tango Festival

SR: Bettina, vielen Dank für die Gelegenheit zu diesem Interview. Du hast deine frühe Tango Fashion Collection „Modas de Tango“ in Buenos Aires auf einem der ersten Lady’s Tango Festivals in 2007/ 2008 gezeigt, damals in einer fantastischen Modenschau. Zu dieser Zeit hattest du dich auch entschieden, die USA zu verlassen und nach Buenos Aires zu ziehen. In den Vereinigten Staaten hast du dich 1990 mit deinem privaten Modelabel selbstständig gemacht. Basiert in San Francisco, hast du luxuriöse Modekollektionen entworfen, die du auf einigen der prestigeträchtigsten Mode-Events wie der New York Fashion Week zeigtest, du hast an Kunden wie Bergdorf Goodman in New York und die berühmte Golden Door Spa in Südkalifornien verkauft und zeitweise 10 Mitarbeiter beschäftigt.

Für jemanden mit diesem Hintergrund – was hat dich dazu bewegt, deine Richtung zu ändern, und was ist es, das dich damals zum Tango gebracht hat und deshalb nach Buenos Aires zu ziehen?

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Modedesignerin Bettina Maria

Studium und Erfolg in San Francisco

Bettina: Ich habe das sicherlich nicht geplant, aber ich denke, wenn wir offen für das Leben sind, folgen wir dem, was unser Herz bewegt. Das ist es, was Tango für mich bedeutete, meinem Herzen zu folgen. Ich liebe Tango, ich liebe Schönheit und Mode, und ich liebe das Leben. Ich hatte das große Glück, dass ich als Deutsche an einer kleinen Couture-Schule in San Francisco studieren konnte.

Mein Ausdruck war immer auf der theatralischen Seite, da ich in Deutschland zunächst Theaterkostüm studiert hatte. Es war auch mein Herz, das mich damals nach San Francisco führte, ich war also schon eine Abenteurerin. Im kreativen Klima des San Francisco der 80-er und frühen 90-er Jahre fanden meine einzigartigen Entwürfe schnell eine Anhängerschaft, und durch die Verbindungen, die ich dort knüpfte, konnte ich mein Geschäft aufbauen.

Die Grenzen der Modebranche

Aber die Modebranche ist auch ein sehr hartes Geschäft, das unglaublich viel Arbeit und ständige Investitionen verlangt, vor allem wenn man als Unternehmen schnell wächst. Das hat auch seinen Preis, und ich musste als Künstlerin erkennen, wie schwierig es ist, eine Balance zu finden zwischen dem Wunsch, etwas Einzigartiges zu schaffen, während man gleichzeitig in Produktion gedrängt wird. Um kreativ zu sein, muss man Raum zum Erfinden und neuem Schaffen haben, und es ist eine Kunst, diese Balance zu halten.

Einfluss der Show „Tango Argentino“

Als ich 1992 „Tango Argentino“ in San Francisco auf der Bühne sah, war ich nicht nur von der Fantasie, dem Tanz und dem Können dieser frühen Tanztruppe fasziniert, ich war auch sehr inspiriert von dem Stil der Kleider. Es erinnerte mich daran, was ich zuerst für das Theater entworfen hatte. Zu sehen, wie die Stoffe mit diesem herrlichen Tanz in Kombination mit Bewegung fließen, begeisterte mich viel mehr als das Entwerfen von textilen Oberflächen und das Arbeiten mit bisher bekannten Schnittmustern, so wie ich es früher tat. Es fühlte sich so organisch an, es wurde lebendig.

Ich war begeistert von den kreativen Möglichkeiten, die, kombiniert mit den historischen Einflüssen vom späten 19. Jahrhundert über interessante Epochen wie die 20-er, 30-er und 40- viel Raum für Fantasie boten, genau wie beim Tango selbst, und sah die Chance, völlig einzigartige Stile zu erfinden, unabhängig von Show-Terminen und Modetrends. Es bot in der Tat eine Möglichkeit, mich als Designerin neu zu erfinden und eine internationale Fantasie-Kollektion zu entwerfen, die Frauen mit unterschiedlichsten Hintergründen ansprechen würde, unabhängig von der Kultur.

Neuorientierung in der Tangokultur

Im Grunde schufen wir Künstler im Tango immer wieder unsere eigene Kultur. Sie war neu – wir hatten die Anfänge des Tangos, die Geschichte, aber dann gab es eine große Pause. Erst 1992 begannen die ersten Tänzer wieder zu touren, als die Shows „Tango Argentino“ und „Forever Tango“ in Europa und den USA bekannt und gesehen wurden. So begann nur ein paar Jahre später ein Revival, das die nächste Generation hervorbrachte, und wir waren international.

Das Gleiche geschah in der Musik. All diese verschiedenen Musiker bezogen sich auf den Ursprung des Tangos, brachten aber ihre eigenen kulturellen Einflüsse, neue Interpretationen ein. (Ein wunderbares Beispiel ist das Beltango Quinteto aus Serbien).Wir fingen alle an, uns gegenseitig zu beeinflussen – was für eine aufregende Zeit für den Tango und jeden Künstler, der professionell im Tango arbeitete! Es fühlte sich unglaublich lebendig an in jenen Tagen, die historische Vergangenheit der frühen Tango-Geschichte zu spüren, bevor der große Boom kam, den man später sogar die „Tango-Industrie“ nannte. Es war die Zeit, in der wir noch die kleinen Schuhläden an der Calle Suipacha fanden, um ein Paar handgefertigte original argentinische Tangoschuhe zu kaufen.

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Mode von Costume Couture Berlin, zu sehen beim Lady’s Tango Festival, Foto: Laelia Milleri

Vereint in kreativer Bewegung

SR: Was hat Tango für dich persönlich bedeutet?

Bettina: Als ich 1998 endlich meinen ersten Tanzkurs besuchte, bewegte das mein emotionales Zentrum, und in diesen ersten Stunden wurde ich von zwei Gefühlen überwältigt: Glückseligkeit und Weinen. Es war wegen der tiefen Verbindung, die der Tango durch die Umarmung bot, und der Erfahrung, sich in Einheit zu bewegen, in Synchronizität. Vereint zu sein, zusammen, in kreativer Bewegung mit einer anderen Person, in Gemeinschaft mit anderen, auf der Tanzfläche, war außergewöhnlich. Nirgendwo sonst konnte man diese Erfahrung machen.

Bis zu diesem Punkt hatte meine Realität als Künstlerin bedeutet, allein in meinem Atelier zu sein und an meinem Tisch zu designen, mit meiner Nähmaschine. Was ich vermisste, war Gemeinschaft. Im Tango erlebte ich zum ersten Mal, vielleicht ähnlich wie bei Musikern in einem Orchester, wie es ist, etwas gemeinsam in Synchronizität zu schaffen. Der Fluss, den man spürt, wenn man sich intuitiv zur Musik bewegt, in Harmonie mit einer anderen Person, die technischen Fähigkeiten ständig verfeinernd und erweiternd, ist wirklich eine ganz einzigartige Erfahrung.

Die erste Tangomode für Milongas

Das war die Zeit, als ich vier- bis fünfmal pro Woche zum Unterricht und zu Practicas in San Francisco ging, und bald war mein Studio mit Tangomusik gefüllt. Ich begann Tango zu denken, zu fühlen, zu atmen und für den Tango zu entwerfen. Die anderen Tänzer sahen, dass ich meine eigenen Kleider trug und fragten, woher ich sie hatte, denn damals entwarf niemand Tangomode für Milongas, den Gesellschaftstanz, nur für die Bühne. Als Geschäftsfrau erkannte ich eine riesige Chance.

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La Confiteria Ideal, altehrwürdiger Treffpunkt für Tangotänzer in Buenos Aires

Die Zeit zwischen der alten und der neuen Welt

Als ich im Jahr 2000 das erste Mal in Buenos Aires war, hatte ich das große Glück, noch die frühen Tage vor dem großen Tango-Tourismus zu erleben – es war so besonders, nachmittags in der La Confiteria Ideal, und kleine versteckte alteingesessene Milongas zu entdecken, die nur von argentinischen Tänzern besucht wurden. Es war eine fantastische Erfahrung eines Moments in der Zeit zwischen der alten und einer neuen Welt.

Das Abenteuer Buenos Aires

In jenen Tagen begann ich mit Rodolfo Dinzel zu trainieren, in seinem kleinen Estudio Dinzel in der Calle Jufré in Villa Crespo. Was für ein großartiges Abenteuer des Experimentierens mit Intimität, mit Kreativität! Schließlich zog ich 6 Jahre später nach Argentinien und tauchte buchstäblich drei Jahre lang rund um die Uhr in den Tango ein. Es war eine enorme Heilung von einem Leben, das ich im Hamsterrad gelebt hatte, in dem ich eine Deadline nach der anderen verfolgte und versuchte, den Anforderungen eines Modeunternehmens gerecht zu werden.

Es war auch der richtige Moment, zu erkennen, dass die Kreation von Tangomode es mir ermöglichen würde, in Buenos Aires zu leben und Tango professionell mit den besten Lehrern zu trainieren. Das war ein großes Privileg und eine der abenteuerlichsten Zeiten meines Lebens!

Die Freiheit im Tango

SR: Was hat dich der Tango, wenn du auf die 20 Jahre des Tanzens zurückblickst, im Wesentlichen gelehrt?

Bettina: Tango hat mich dafür geöffnet, wieder zu spielen und viele Dinge zu entdecken. Im Moment präsent zu sein, meinen Körper zu spüren, das wahre Hören von Musik zu lernen und Wahrnehmung und Gehör zu kultivieren. Er hat mich gelehrt, Emotionen durch meinen Körper in der Verbindung mit einer anderen Person auszudrücken und dabei zu improvisieren.

Das war, aus meiner Sicht, das Besondere an der Dinzel-Methode. Es bedeutete Freiheit. Freiheit zu Sein, Freiheit des Ausdrucks von Kreativität, Freiheit, Einfachheit zu genießen, nicht für Gewinn oder Geld, was im Designgeschäft sehr schmerzhaft geworden war – meine Kreativität in ein Produkt pressen zu müssen, um es zu verkaufen, um zu überleben. Ich erinnere mich, dass Rodolfo oft über Freiheit gesprochen hat. Tango hat eine bestimmte Struktur, einen bestimmten Code und ein paar Schritte, aber innerhalb dieser Struktur ist man frei zu improvisieren, neu zu erfinden, zu entdecken.

Offen für Überraschungen

Tango lehrt uns auch viel über Beziehungen, über Harmonie und Respekt. Er lehrt uns, zuzuhören, die Körperlichkeit wahrzunehmen. Er lehrt uns auch, still zu werden, das Innehalten zuzulassen, auf den Partner zu warten. Es lehrt uns zudem, offen für Überraschungen zu sein und das heißt, wieder kindlich zu werden. Ich glaube, das ist der Grund, warum Tangotänzer dazu neigen, glücklich zu sein, wenn sie tanzen können. Es erfüllt ein menschliches Bedürfnis.

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Tanzshows vom Lady’s Tango Festival auf YouTube

Um die Atmosphäre des Festivals zu schnuppern und Showauftritte der Star-Tänzerinnen zu sehen, empfehlen wir die Video-Playlist auf unserem Youtube-Kanal: „Lady’s Tango Festival“, gefilmt in Buenos Aires 2019 und 2020. Es tanzen: Johana Copes, Ariadna Naveira, Milena Plebs, Guillermina Quiroga, Maria Nieves, Fernanda Ghi, Lorena Ermocida, Aurora Lubiz und Pepa Palazon. Von Ariadna Naveira gibt es auf unserem Kanal zudem 3 schöne Videos, die beim Tango Festival in München 2019 entstanden.

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Lady’s Tango Festival 2020, Lorena Ermocida & Pancho Martinez Pey im Salon Canning

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Update Oktober 2022: Das Festival findet jetzt auch wieder „live“ statt, ebenso wie viele andere Tango Festivals in Buenos Aires. Als Unterkunft in der Stadt empfehlen wir die beliebten Tangohotels, zum Beispiel das Apassionata Tango Hotel, das Luna Lila oder das Mariposita de San Telmo.

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Titelfoto „Puente de La Mujer“ (Brücke der Frau) in Puerto Madero/Buenos Aires, Foto „Modenschau“ und Videos von Karin Lüders. Fotos von Costume Couture Berlin: Laelia Milleri.

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